|   Wohnungspolitik

Jetzt die Bodenwende einleiten!

Bündnis Bodenwende fordert die Einrichtung einer Enquete-Kommission des Bundestages zur gemeinwohlorientierten Bodenpolitik

Das Bündnis Bodenwende hat hohe Erwartungen an die Koalition und an das neue Ressort für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen hinsichtlich einer sozialen und ökologischen Boden- und Städtebaupolitik.
„Die im Koalitionsvertrag festgehaltenen Aussagen bleiben hinter unseren Erwartungen zurück. Wir brauchen dringend  konkrete und kreative Lösungen“, konstatiert Stephan Reiß-Schmidt als Sprecher des überparteilichen Bündnisses von zahlreichen renommierten Organisationen aus den Bereichen Architektur, Stadt- und Raumplanung, Umwelt und Naturschutz sowie Soziales und gesellschaftliche Teilhabe. Das Bündnis hatte sich 2020 zusammengeschlossen, um für eine gemeinwohlorientierte Bodenwende zu werben.

Angesichts der zentralen Bedeutung des Bodens für Baukultur und sozialen Zusammenhalt hält das Bündnis die Einrichtung einer Enquete-Kommission des Bundestages für vorrangig, um Wege zu einer gemeinwohlorientierten Bodenpolitik aufzuzeigen - so wie es Hans-Jochen Vogel schon für die letzte Legislaturperiode gefordert hatte. Eine solche Kommission bietet die Chance, das komplexe Thema unter Einbeziehung von Wissenschaft, kommunaler Praxis und Zivilgesellschaft umfassend zu entwickeln.

Im Koalitionsvertrag werden die Maßnahmen für die Neuausrichtung der Wohnungs- und Bodenpolitik nicht hinreichend akzentuiert und differenziert. Die Aussagen bleiben vielfach zu unbestimmt und müssten mit konkreten Vorhaben ausgefüllt werden, heißt es beim Bündnis. Erwartet wird jetzt eine Agenda mit sozialer und ökologischer Zielsetzung, die Klimaschutz und -anpassung, Umweltbelangen und der drängenden Wohnungskrise gleichermaßen Rechnung trägt. Dabei sollten zentrale Positionen des Bündnisses aufgegriffen werden: Der Bodenmarkt sollte wirksamer reguliert und planungsbedingte Bodenwertsteigerungen für die Allgemeinheit nutzbar gemacht werden.
Der Koalitionsvertrag sieht Schritte in die richtige Richtung vor: So sollen der Immobilienmarkt transparenter und Steuerschlupflöcher bei Share Deals geschlossen werden, soll geprüft werden, ob das Innenentwicklungsmaßnahmengebiet - IEM als gebietsbezogenes Baugebot wirksam werden kann. Dies reicht aber allein nicht aus, um die finanzmarktgetriebene Boden- und Immobilienpreisspirale zu bremsen. Ähnliches gilt für die angekündigten Änderungen im Mietrecht (reduzierte Kappungsgrenze, Verlängerung des Betrachtungszeitraums bei Mietspiegeln, qualifizierte Mietspiegelpflicht für Großstädte). Ein großer Schritt zur Gemeinwohlorientierung ist dagegen die im Koalitionsvertrag vereinbarte „neue Wohnungsgemeinnützigkeit“. Sie könnte auch die Tür zur „Bodengemeinnützigkeit“ öffnen.

Damit bezahlbares Bauland für die ambitionierten Wohnungsbauziele der neuen Bundesregierung (400.000 Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 geförderte) gerade in den angespannten Wohnungsmärkten zur Verfügung steht, müssen der Bodenmarkt wirksamer reguliert und die kommunale Bodenbevorratung auch durch ein gestärktes, preislimitiertes Vorkaufsrecht unterstützt werden. Zudem sollte generell der Gebäudebestand besser (um)genutzt werden, um weitere Flächenversiegelung zu vermeiden.

Damit der Fortschritt beim Neubau nicht durch den Verlust bezahlbarer Mietwohnungen im Bestand gleich wieder aufgezehrt wird, braucht es außerdem wirksamere Regelungen im Mietrecht und zur Steuerung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Um soziale Wohnraumversorgung mit Boden- und Klimaschutz bzw. -anpassung zu verbinden, sind zudem verbindliche Kriterien und Kennzahlen zur doppelten Innenentwicklung und zur Reduzierung des Flächenverbrauchs erforderlich. Die Ankündigung „Anreize setzen und Fehlanreize vermeiden“, um das 30-ha-Ziel zu erreichen, wie auch die „Förderung kommunaler Potenzialflächenkataster“ sollte mit konkreten Maßnahmen unterlegt werden.

Das Bündnis begrüßt es sehr, dass der umstrittene § 13b BauGB nicht nochmals verlängert werden soll. Er ermöglicht bislang, im beschleunigten Verfahren und ohne Umweltprüfungen Siedlungen in den Außenbereich zu erweitern.
Dringend geboten ist auch eine umfassende und zeitnahe Novellierung des Baugesetzbuches mit der im Koalitionsvertrag betonten Gemeinwohlorientierung. Auch hier will das Bündnis Bodenwende mitwirken und seine Expertise einbringen. Kurzfristig sollte die Gesetzeslücke zum gemeindlichen Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten geschlossen werden, die gerade in vielen Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt für Verunsicherung sorgt. Eine gute Voraussetzung für eine nachhaltige und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklungs- und Bodenpolitik ist nicht zuletzt die Bündelung von Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen einschließlich der Raumordnung in einem eigenständigen Ministerium.

Das Bündnis Bodenwende wird seine Arbeit in den nächsten Jahren fortsetzen und bietet der Bundesregierung gerne seine Unterstützung an.

Hintergrund:
Das Bündnis Bodenwende sieht in einer gemeinwohlorientierten Verfügbarkeit und Nutzung des Bodens den Schlüssel für eine sozial gerechte und nachhaltige Entwicklung in Stadt und Land. Das Bündnis hat seine Wahlprüfsteine mit den Antworten der Parteien und seine Forderungen vor der Bundestagswahl veröffentlicht: dasl.de/2018/11/26/ausschuss-bodenpolitik/

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